Donnerstag, 8. Januar 2015

Das Donnerstags-Desaster

Sitze mit meinem geliebten Mond im Zug nach Hause und diskutiere mit ihr angeregt die Ereignisse des zurückliegenden Weihnachtsfestes. Mond ereifert sich gerade über den schönen Brauch, den Mutter vor Jahren eingeführt hatte, nämlich die Bescherung mittels der Regel des Würfelns einer Sechs zu intensivieren, indem alle Beteiligten dann Zuschauer werden, wenn der glückliche Gewinner seinen Preis bestaunt.

Unsere ganz eigene Weihnachts-Gameshow sozusagen.
Und es gibt meistens nur Sieger.

Letztes Jahr sogar zwei, nämlich meinem Vater und uns. Vater gewann wundervolle Hauspantoffeln, welche sämtliche Teilnehmer der Runde in haltlose Verzückung ausbrechen ließ. Vater indes gab ganz den gesetzten Mann und zeigte seine Freude sehr. .. introvertiert.
Mond schwelgt eben noch in süßer Erinnerung daran, als laute Musik deutscher, abgehackter Pseudo-Dichtung, kurz Rap aus einem Smartphone-Lautsprecher quillt.
Verärgert über diese Störung meiner nachweihnachtlichen Ruhe wende ich dem Störgeräusch meine Aufmerksamkeit zu.

Zwei Personen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, hatten den Vierer schräg hinter uns belegt. Der Verursacher dieses grammatikalisch völlig unzureichenden Wortbreis stiert in den kleinen Bildschirm seines Taschentelefons.

Als ich ihn bitte, dieses "Machwerk" auszuschalten, blökt er mich schafsgleich an.
"Näää"
Ich: "Warum nicht?"
Er:" Mach halt deine Kopfhörer rein."
Ich:"Ich wusste nicht, dass wir bereits beim Du sind."

Sein älterer Begleiter beginnt, sich künstlich aufzuregen und bewirft uns mit Beleidigungen. Eine Weile ignorieren Mond und ich dieses Geschwätz, ehe sie sich erhebt, um nach dem Schaffner zu sehen.

Der Ältere fängt an, zu schimpfen und wünscht sich, dass die Welt wieder auf den achten Mai 1945 zurücksprünge.
Ich frage ihn, was denn die Musik seines kleinen Freundes mit historischen Daten zu tun habe.
Er schaut mich komisch an und beginnt weiter zu schimpfen.
Keine zwei Sekunden später neigt sich der Kleine zu dem Alten und murmelt:"Was war denn da am achten Mai? "

Mond und ich schauen uns lächelnd an.
Manchmal ist die Welt doch noch in Ordnung.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Die Mittwochs - Manie


An einem Mittwochmorgen herrscht eine seltsam euphorische Stimmung. Ob es daran liegt, dass man Montag und Dienstag überlebt hat oder daran, dass nur noch Donnerstag und Freitag einen vom Wochenende trennen oder dass man doch noch soviel Zeit für seine Projekte hat und die Woche eben zum Glück noch nicht vorbei ist (Achtung: gilt meist nur für Workaholics), über den wahren Grund sind sich die Wissenschaftler noch uneinig.
Fakt ist: Mittwochs liegt eine Manie in der Luft, die in allen Lebensbereichen spürbar wird.
Mittwochs - und das ist nicht gelogen - sitzen Katze 1 & 3 immer schon eine halbe Stunde früher vor meinem Bett und miauen in einer Tonlage, dass ich mich frage, warum die Stadt noch keine Nuklearwarnung ausgesprochen hat. Anschließend wird die komplette Wohnung durchgebürstet, dass man denkt, jetzt drehen sie völlig am Rad

In der S-Bahn, die man mittwochs nehmen muss, sehen alle genauso aus, wie man sich um diese Uhrzeit fühlt. Es ist die Schüler-S-Bahn um 7;06 Uhr. Ergattere noch einen freien Platz am Fenster und will nochmal in Ruhe in mein Buch schauen, als eine kleine Gruppe einsteigender Bushido-Imitate schlagartig den IQ des Waggons um gute 20 Punkte fallen lässt.
Lärmend lassen sie sich im Mittelgang nieder und scheinen dort ihr Lager aufzuschlagen, denn binnen Minuten riecht es nach Bier, Döner und etwas Undefinierbarem, was wohl am nächsten Bahnsteig noch gegrillt wird.

Im Regionalexpress Richtung München schiebe ich mich an der Schlange älterer Menschen vorbei, die noch darüber diskutieren, mit welchem Fuß denn die unglaublich steile Treppe der Zugtür zu erklimmen wäre.
Auf den verärgerten Kommentar einer älteren Dame hin, ob man denn nicht mal in Ruhe einsteigen könne und warum es manche immer so eilig haben, antworte ich mit freundlichem Lächeln, dass ich beim Zuhören ihrer Diskussion und dem Warten auf ein Ergebnis regelrecht fühlen könne, wie ich altere und dass ich doch gern meinen Arbeitstag noch ohne Rollator und Rheumadecke bestreiten möchte.

Ich lasse mich auf einen freien Vierer fallen und stecke mein Handy an die Steckdose. Ich liebe Steckdosen. Hinter mir kommt Mond und lässt sich mir gegenüber in den freien Sitz fallen.
Zugfahrt ohne Handy, das ist heutzutage ja undenkbar.
Nicht etwa, weil die Jugend von heute ja ohnehin Schwierigkeiten hat ohne Handy zu existieren (ich frage mich, ob die Evolution da demnächst eine neue Richtung einschlagen wird und direkt am Ohr eine Halterung für Kopfhörer oder gleich für das ganze Telefon herauswachsen lässt. Wäre bestimmt ein interessanter Forschungsansatz.)
Nein.
Sondern weil diese Gespräche im Zug ohne Kopfhörer und laut aufgedrehter Musik nur sehr schwer bis garnicht zu ertragen sind.

Wenn man bedenkt, dass viele dieser Menschen in die Arbeit fahren und dort mit Sicherheit nur intelligente Sätze von sich geben, dann heißt das, dass sie vorher im Zug quasi die komplette Dummheit des ganzen Tages entleeren müssen. Oder vielleicht auch nur die Hälfte. Sie fahren ja am Abend wieder zurück. Egal, die Hälfte reicht schon aus.
All das, was sich an Dummheit so den Abend und die Nacht, manchmal sogar die ganze Woche über angestaut hat, müssen sie im Zug dann unbedingt noch loswerden.
Und in diesem Zug sitze ich.

Hinter mir sitzen zwei ältere Damen und unterhalten sich.
Wobei, kann man von Unterhaltung sprechen, wenn quasi nur eine Seite redet? Ist das ein Dauermonolog?
Die andere Dame kommentiert aber jeden Teil des Satzes mittels eines lauten "hm hm hm" oder eines immer wiederkehrenden "Jooooh, Joooooh", was wohl "Ja" bedeuten soll, sich allerdings anhört wie ein Esel, der auf der Weihnachtsfeier im Zoo dem Tierpfleger einen Eimer voll Eierlikörpralinen weggefressen hat.

Versuche, mich auf meine Musik zu konzentrieren. Doch trotz der Lautstärke höre ich den Esel noch immer. Sehe, wie langsam aber sicher alle Menschen um mich herum genervt mit den Augen rollen, Man versteht vor lauter "Jooooh, Joooooh" immer nur Bruchstücke des Satzes ihrer Gesprächspartnerin.
Der halbe Waggon versucht verzweifelt, die beiden zu übertönen.
Mond versucht indes krampfhaft, ihren Lachanfall zu verdrängen, der bei jedem neuen "Joooooooh" von vorn beginnt und ich muss aufpassen, dass sie nicht blau anläuft.
Sie schlägt vor, dass man ein Trinkspiel spielen könne. Man ließe einen Mitschnitt auf einer Party laufen und bei jedem "Jooooh" müsse man dann einen trinken.
Ich rechne das kurz hoch und komme zu dem Schluss, dass man am Ende der Zugfahrt, die ungefähr zwei Stunden dauert, ja dann klinisch tot sei.
Komasaufen in einer völlig neuen Dimension.

In München ist Endstation und wir steigen aus. Der Esel und die Eselfreundin ebenfalls.
Ich genieße das laute Gewusel des Bahnhofs. Es ist abwechslungsreich, ein Klangbrei und mir herzlich egal.

An der Straßenbahnhaltestelle trennen wir uns. Mond muss zur Arbeit. Ich nicht.
Ich gehe Blutspenden.
Warum? Weil es cool ist.
Weil es anderen hilft.
Ja, und weil man dafür Geld bekommt. Neben kostenlosen Getränken und Snacks.

Als ich in die S-Bahn steige, komme ich auf die tolle Idee, beim Krankenhaus anzurufen und zu fragen, ob ich denn bereits wieder dürfe, meine letzte Spende sei ja erst am 24 Oktober gewesen.
Die Rezeptionistin sagt, da müsse sie den Kollegen fragen.
Die S-Bahn-Türen schließen sich.
Die Rezeptionistin sagt:"Nein, erst am Freitag wieder. Einen Tag drüber ist okay, aber zwei Tage sind zuviel."
Die Bahn fährt an.
Ich steige an der nächsten Haltestelle wieder aus und laufe den Weg zurück zum Hauptbahnhof.

Als ich in die Haupthalle des Bahnhofsgebäudes komme, begegnen mir die drei Bushidos. Die Kapuzengang hat sich mit Kopfhöreren bewaffnet und stürmt auf den nach Nürnberg fahrenden Regionalexpress zu.
Als ich die Türschwelle emporsteige, höre ich eine Stimme vor der Zugtoilette:"Gell, Emmi, brauchst aber nimmer la-...." der Rest des Satzes wird von einem "Jooooh Jooooh" aus dem Inneren der Kabine unterbrochen.
Meine panikgeweiteten Augen treffen den Blick des ersten Bushidos unter seiner Kapuze. Unser beider Blick richtet sich ängstlich zur Toilettentür.

Und einmal mehr habe ich das Gefühl, nicht ganz allein zu sein.

Montag, 10. November 2014

Das Montags-Mysterium


Viele von Ihnen kennen das sicher.
Es ist Montagmorgen, draußen wird es erst gerade hell (es sei denn, es ist Herbst, dann nicht) und einige verwirrte Vögel pfeifen ihren allmorgendlichen Handyklingelton-Kanon.
Eigentlich könnte man dieses Bild so idyllisch stehen lassen.

Könnte man.

Nicht jedoch Ihr Wecker.

Ihr Wecker ist grundsätzlich ein Sadist, er rappelt nämlich immer genau dann los, wenn Sie im Traum gerade den 100 Millionen-Euro-Jackpot geknackt haben, wenn Ihr Günther Jauch gerade im Begriff ist, zu sagen, dass es eine gute Idee war, den Publikumsjoker zu nehmen, wenn Ihre Traumfrau/Ihr Traummann eben zu Ihnen herüberblinzelt... und...dann...endlich...

In genau diesen Momenten prügelt Ihr Wecker Ihnen mit Miley Cyrus' "I came in like a wreeeeeeeecking baaaaaaaall " auch noch den letzten Rest Ihres Geschmackssinns tot - und die empfindlichen Nerven liegen schlagartig wieder blank.

Wenn man schon zu Beginn einer Woche in aller Frühe aus dem Bett muss, warum dann nicht wenigstens mit einem Song, der genau das aussagt, was jeder in diesem Moment denkt:
" Tell me why, I don't like Mondays."

Warum mögen die meisten Leute keine Montage?
Ich verrate es Ihnen.
Weil die Woche anfängt.
Und weil das Wochenende aufhört.
Und weil man meistens gerade erst mit dem Entspannen angefangen hat, um dann festzustellen, dass es Sonntagnachmittag 17 Uhr ist.
Aber das sind wahrhaftig nicht die einzigen Gründe.

Lassen Sie mich das etwas differenzieren.

Frauen mögen Montage nicht, weil alles, was mit dem Mond zu tun hat, prinzipiell unheimlich magisch und unheimlich gruselig und unheimlich unheimlich ist.

Männer, speziell Handwerker, mögen Montage nicht, weil sie bei einer Montage immer zwei bis drei Wochen weg sind, die Hotelbetten per se zu klein und zu eng sind und ihnen nach drei Tagen die frischen Socken ausgehen.

Werwölfe mögen Montage nicht, weil der Mond ihnen mal wieder vor die Nase hält, dass sie in der Evolution mal eben an der richtigen Ausfahrt vorbeigerauscht sind und nun noch ewig auf der Autobahn festhängen.

Kinder mögen Montage nicht, weil die Schule wieder losgeht.

Friseure mögen Montage nicht, weil mittlerweile kein Friseur mehr montags zu hat, da ihm viel zuviel Kundschaft durch die Lappen geht.

Und Discogänger mögen Montage nicht, weil die Discos meistens montags zu sind.

Gott mag Montage auch nicht, denn da muss er wieder arbeiten. Himmel und Erde schaffen sich schließlich nicht von allein.

Und die anderen Wochentage mögen Montag nicht, weil er ein blöder Drängler ist, der immer und überall der Erste sein muss.

Aber das wirklich Verblüffende ist: Montage laufen statistisch gesehen in 85 % aller Fälle gleich ab.

Oder noch schlimmer: Ihr Montagmorgen läuft nur im Entferntesten ähnlich ab wie meiner:

- Sie stehen auf, hauen sich im ersten Moment erstmal im stockdunklen Schlafzimmer den Kopf an, weil Sie übers Wochenende vergessen habe, dass Sie in einer Maisonette-Wohnung wohnen und daher eine Dachschräge besitzen.
- Sie machen zwei Schritte um das Bett herum, stolpern über Katze 1 und legen sich erstmal schön der Länge nach auf die Schnauze.
Wunderbar, so kann der Tag beginnen.
- Als Sie sich wieder hochrappeln, hat Katze 2 Ihnen eben den Socken vom Fuß gezogen und rennt damit weg, während sich Katze 3 lautstark darüber äußert, dass es ja schon 05:00 Uhr ist und sie immer noch nichts Neues zu fressen in ihrem Napf vorfindet.
- Während Sie schlaftrunken in die Küche taumeln, treten Sie in den herumgeschobenen Wassernapf und machen erneut unsanft Bekanntschaft mit Ihren Fliesen. Diese Gelegenheit nutzt Katze 1, um Sie als Sprungbrett auf den Kratzbaum zu missbrauchen, von welchem sie kurze Zeit später von Katze 2 ohnehin wieder runter befördert wird.
- Sie haben sich mittlerweile kriechend in die Küche geschleppt, sich am Kühlschrank hochgezogen und erblicken ein Licht am Ende des Tunnels - dummerweise ist es nur das Licht Ihres Kühlschrankes. Sie umklammern die Katzenfutterdose und kramen in der Besteckschublade nach einem Löffel, werfen die Schublade danach mit Schwung wieder zu und klemmen sich Ihren rechten Zeigefinger ein.
- Nachdem Sie es geschafft haben, eine Wagenladung Katzenfutter unfallfrei in die Näpfe zu befördern und die Raubtiere sich gierig schlingend darüber hermachen, nutzen Sie die Gelegenheit, um heimlich Ihren Socken aus der Kratzbaumhöhle zu fischen.
- Dummerweise sieht Katze 2 das und springt Ihnen ans Bein, natürlich an das unbesockte, um sich dort festzukrallen.
- Sie verlieren das Gleichgewicht und überlegen sich noch im Fall, warum Sie nicht einfach liegen geblieben sind.
- Sie versuchen sich halbwegs unbehelligt anzuziehen, was Ihnen auch gelingt, doch als Sie Ihre Aktentasche greifen, fassen Sie in einen nassen Fleck. Katze 1 fand es mal wieder an der Zeit, ihr Revier zu markieren.
- Panisch retten Sie was zu retten ist und verlassen wutschnaubend, natürlich viel zu spät dran, das Haus.
- Sie brechen Ihren alten Schulsport-Rekord, um die S-Bahn zu erreichen, nur um dann festzustellen, dass sie ausfällt.
-  Es beginnt zu regnen.
- Ihr Handy klingelt und Ihr Chef teilt Ihnen mit, dass Ihr Kurs heute ausfällt und Sie daher zu Hause bleiben können.

Diese Variante ist unabhängig von Witterungsverhältnissen oder Jahreszeiten anwendbar.

Wahlweise können Sie sich auch mit vielen weiteren Variablen dieses Mysteriums beschäftigen.

- Montags bekommt man garantiert NICHT die Lieblingssorte Müllermilch, die man haben möchte, da am Samstag alles leergekauft wurde und die Mitarbeiter selber sich noch aus halb geschwollenen Augen dreiviertelblind von der Kasse zur Kaffeemaschine tasten.
- Montags verstopfen zumeist gegen 07:00 Uhr unzählige Horden von Schulkindern jede S-Bahn oder Bus und machen einen Gedanken, geschweige denn ein Gespräch quasi unmöglich.
- Montags weiß man, dass die Woche gerade erst angefangen hat und durchaus noch Chancen drauf hat, ein Hitstürmer in den Scheiße-Charts zu werden.

Aber man kann durchaus auch etwas Positives an der ganzen Sache sehen:
Irgendwann ist auch der Montag endlich vorbei.
Und nichts gibt einem ein besseres, ein befriedigenderes Gefühl, als zu sagen:

Ich habe es geschafft!

Ich habe überlebt!

Nur noch vier Tage, dann ist Wochenende!


Die Dienstags-Depression

Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon mal aufgefallen ist, aber mir persönlich wurde, gerade in letzter Zeit doch sehr massiv, wieder mal klargemacht, dass der Dienstag eigentlich der Depressionstag der Woche ist.

Ich meine, was gibt es Gutes an einem Dienstag?

Die Woche hat gerade erst angefangen, man ist wieder voll drin im Geschehen, kann sich nicht wie montags rausreden mit; " Öööhhh, boah, war doch erst Wochenende", nee, am Dienstag muss alles laufen wie am Schnürchen, am Dienstag ist der Erfolgsdruck hoch wie niemals sonst in der Woche. Außer vielleicht noch am Donnerstag, aber dazu komme ich später.

Am Dienstag Dienst - das war nach der Sams - Buchreihe von Paul Maar ja Alltag, jetzt nur eben auch im Kinderzimmer.
Und da das Kind selbst noch weit entfernt vom Arbeitsleben höchstens Plastikbirnen in seinem Kaufladen anbietet, muss eben der Papa herhalten.

Der ist ohnehin der Depp. Mama hat sich eine Woche Urlaub genommen und ist mit ihrer Freundin auf Nordseeinseln unterwegs, auf denen ein Fischbrötchen schon soviel kostet, wie hierzulande eine Eigentumswohnung.
Das Kind, genauer gesagt, die Tochter hat mittlerweile Geisteswissenschaften studiert. Naja, so ein intensives Hobby eben. Der Sohn ist auch aus dem Haus. Aber hat Vater deswegen frei? Denkste! Denn Mama hat ihm noch aus dem Flieger eine Aufgabenliste zugemailt, die so lang ist..  sagen wir es so: Würde man diese Aufgaben alle bezahlen, könnten drei Ein-Euro-Jobber gut davon leben.

Gerade begrüßt mich Spotify mit den Worten:"Aufstehen, der Dienstag wartet!"
Was?!
Soll das eine Aufmunterung sein?
Oder die ultimative Drohung, sich sofort wieder ins Bett zu verkriechen, weil einem sonst der Dienstag in den Nacken springt wie ein tollwütiges Tier?

Oder sitzt da irgendwo ein sadistisch veranlagter Programmierer mit blutunterlaufenen Augen seit drei Tagen vor seinem Rechner und überlegt, wie man den Leuten am Dienstagmorgen gleich mal so richtig mental vor die Kniescheibe treten kann?
Man weiß es nicht.

Die S-Bahn ist wieder vollends überfüllt mit Studenten. Ich frage mich, wie die es jedes Mal schaffen, alle, aber wirklich alle Plätze zu besetzen. Wahrscheinlich campieren die schon seit Montagnachmittag auf dem Bahnsteig. Der noch rauchende Grill im Raucherviereck von Gleis 4 lässt darauf schließen. Einer der Studenten hat hastig einen Eimer mit Wasser drüber gekippt, ehe er in die S-Bahn gesprungen ist, um sich zu seinen Komplizen zu setzen, die eben den Mittelgang blockieren, um ihre Schlafsäcke wieder einzurollen.
Nachdem ich über achtundzwanzig Koffer geflogen bin, mir fünf Schlafsäcke hinterhältig aus dem Gepäckfach aufgelauert haben, um genau dann herauszufallen, wenn ich drunter vorbei komme und sich dann zu guter Letzt noch eine verspätete Soziologiestudentin auf den letzten freien Platz direkt vor meiner Nase fallen lässt, während sie gleichzeitig isst, redet, den Kaffeebecher balanciert UND telefoniert, natürlich so laut, dass es auch ja alle im Wagen mitkriegen... da weiß ich, was Spotify mir sagen wollte.

Aufstehen, der Dienstag wartet!

Alltagskabarett

Willkommen - Bienvenue - Welcome

Schön, dass Sie hier sind.

Leider kann ich Sie nicht mit vollen Konzerthallen begeistern, für die Sie monatelang im Vorraus schon horrende Summen für einen bedruckten Papierlappen ausgeben mussten, der sich als Eintrittskarte zu tarnen versucht, zwei Stunden früher hier waren, um einen Parkplatz zu finden, der nicht im nächsten Bundesland liegt, nur um dann inmitten von ca. 500-1000 ebenso Wahnsinnigen johlend und klatschend von Ihrem Sitz aufzuspringen, sobald ich die Bühne betrete.

Sie können nicht darüber lachen, dass ich, geblendet vom Scheinwerfer bei 43 Grad, vermutlich gleich über das Mikrofonkabel stoplere, nur um dann kläglich lächelnd zu verkünden, dass dieser Gag natürlich einstudiert war, während ich mir den blauen Fleck an meiner Kehrseite vorstelle, der dort nun wuchert, um mich bei jedem Hinsetzen fröhlich auf seine Existenz aufmerksam zu machen.

All das können wir uns sparen.
Denn Sie bekommen Ihr Lachen direkt nach Hause, quasi frei Haus geliefert, durch die Telefonverbindung - bei manchem auch begleitet von nostalgischem Fiepen eines alten Modems, bei wieder anderen Highspeed durch die 50000er Leitung.

Klasse oder?


Das hier ist kein politisches Kabarett, nein, dafür verstehe ich definitiv zu wenig von Politik und dafür gibt es genügend andere, die das weitaus besser beherrschen. Am besten schalten Sie dazu einfach den Fernseher ein, wenn es wieder mal einen Polit-Talk gibt.
Die Wahrheit ist, so bitter sie auch sein mag, oftmals zum Lachen.
Oder, wie ein weiser Mensch mal gesagt hat: "Wenns zum Heulen nich' reicht, lach' drüber."

Schon wahr, oder?

Wir Menschen nehmen unser Leben viel zu ernst.
Immer arbeiten, nach Höherem streben, immer. "Nee, heute keine Zeit, ich muss morgen früh raus..."
Wen interessiert das denn?
Gut, natürlich werden Sie jetzt sagen: "Jeder brauch doch einen Job, denn wovon sollen wir leben."
Das ist soweit auch völlig korrekt.

Aber:
Besteht das Leben wirklich nur aus Geld? Aus Macht? Aus Anerkennung, Bewunderung und Perfektion?

Nein!

Fragen Sie mal ein Kind, dass gerade begeistert seinen Freunden einen Witz erzählt, den es gestern Abend von Papa aufgeschnappt hat.

Es lacht.
Und es bringt mit seinem Lachen auch die anderen Kinder zum Lachen, die ihm zugehört haben. Die seine Mimik, seine Gestik und seine Sprache beobachtet haben.

Wahrscheinlich hat es die tiefere Ebene des Witzes noch garnicht verstanden oder erfasst. Aber es hat mitgelacht. Weil der Papa und alle anderen auch gelacht haben.

Merken Sie was?
Lachen ist ansteckend.

Kinder lachen gerne, das ist mit ihr liebstes Hobby.
Zumindest solange, bis das Leben oder der jeweilige Erziehungsberechtigte es ihnen austreibt.
Wir Erwachsenen bekommen immer zu hören: "Sei doch nicht so albern, das Leben ist eine ernste Sache und und und..." Schon in der Schule spricht man vom "Ernst des Lebens".

Aber wenn Sie sich erinnern, was Sie nicht können, weil unser Gehirn den Erinnerungsspeicher erst ab einem Alter von etwas zwei Jahren in Gang setzt:
Was lernt der Mensch als Allererstes, noch vorm Krabbeln, Laufen und Sprechen?

Richtig. Das Lachen.
Ein Baby lernt lächeln, wenn es die Mutter sieht. Es ahmt nach und verspürt dabei Glücksgefühle.

Versuchen Sie es. Lächeln Sie einfach mal, völlig ohne Grund. Sie werden sehen, meist kommen Ihnen Erinnerungen in den Sinn von Momenten, in denen Sie das letzte Mal so richtig herzlich gelacht haben. Und manchmal müssen sie bei dem Gedanken daran direkt wieder kichern.
Lassen Sie es ruhig zu. Sie brechen sich damit keinen Zacken aus der Krone.

Es liegt an Ihnen. Entscheiden Sie sich, ob Sie lieber lachen oder ernst sein wollen.
Viele Menschen beschweren sich, sind trotz ihres Jobs und ihres Umfelds nicht wirklich glücklich. Woran liegt das?
Weil wir Menschen die Angewohnheit haben, nie mit etwas zufrieden sein zu können.
Weil wir immer noch mehr wollen und den Hals einfach nicht vollkriegen.
Weil uns die Gesellschaft und die Norm dazu gedrängt haben, eine Rolle zu spielen, die uns vielleicht selber garnicht so gut gefällt.

Kleiner Tipp vom Theater:
Wenn Ihnen Ihre Rolle nicht gefällt, dann variieren Sie doch einfach mal den Text.
Oder die Stimmlage.
Oder bauen Sie, einfach mal so, einen Witz in Ihre Szene ein.
Das gibt Ihrer Rolle und auch ihrem Charakter mit einem Mal eine ganz neue Note.
Und das Publikum wird Sie lieben. Denn Sie bringen andere zum Lachen.

Also: nehmen Sie sich selbst nicht allzu ernst.
Lachen Sie über Scherze, über Missgeschicke, eigene und andere.
Oder lachen Sie auch mal über sich selbst.
Und wenn Ihnen das noch eine Nummer zu groß ist:

Lachen Sie über mich.



In diesem Sinne:


Viel Vergnügen